Eltern-Peer-Projekt
Eltern Peers – der direkte Kontakt von Betroffenen für Betroffene
Das Angebot des Eltern-Peer Projekts begründet einen neuen wichtigen Baustein in der familienzentrierten Arbeit der BIG Frühförderung. Die Idee ist in Anlehnung an das Konzept des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder in Linz (FLIP) entstanden, die viele Jahre erfolgreich mit Eltern von Kindern mit Hörverlust zusammenarbeiten.
Wir Sonder- und Heilpädagoginnen leisten im Rahmen der Frühförderung einen wichtigen Beitrag zur Unterstützung mit pädagogischem Auftrag. Die Perspektive einer von der Thematik „Hörverlust bei meinem Kind“-betroffenen Mama – mit all den Emotionen, Sichtweisen und Erfahrungen – können wir nicht einnehmen.
Daher sind wir sehr stolz und begeistert über die tatkräftige Unterstützung unserer Eltern-Peers.
Sie beantworten Fragen und Anliegen zum Thema „Mein Kind hat einen Hörverlust!“ auf Eltern Ebene – von Betroffenem / Betroffener zu Betroffenem / Betroffener.
Nehmen Sie Kontakt zu unseren Eltern Peers auf:
per Mail elternpeer.big@gmail.com
telefonisch: Kontakt über Mag. Veronika Mikus/Frühförderin am BIG: +43 664 841 34 97)
Regelmäßige Treffen (persönlich und online) zum Kennenlernen, zum Erfahrungsaustausch sowie zu thematischen Schwerpunkten werden von den Eltern Peers organisiert.
Wie alles begann…
Als Julia 7 Monate alt war, haben mein Mann und ich bemerkt, dass sie auf ihren Namen gar nicht reagierte. Nach einer raschen Kontrolle beim HNO-Arzt hat sich herausgestellt, dass der Hörtest negativ verlaufen ist, somit wussten wir gleich, dass Julia irgendeinen Hörverlust hat.
Obwohl noch nicht bekannt war in welcher Art und in welchem Ausmaß Julias Gehör betroffen war, empfinde ich genau diesen Tag und diesen Moment als schwierigsten Zeitpunkt während der ganzen Diagnostik von meiner Tochter. Ich weiß jetzt nicht mehr wie viel Stunden ich damit verbracht hatte, um mein Handy nach irgendwelchen Filmen und Aufnahmen zu durchsuchen, auf denen ich deutlich erkennen wollte, dass Julia doch etwas hört und auf uns reagiert. Bis jetzt kann ich es nicht wirklich verstehen, warum wir als Eltern so lange nicht gesehen haben, dass unsere kleine
Tochter einfach gehörlos ist. Die anfängliche Traurigkeit hat sich bald in großen Ärger und Zorn verwandelt.
Mit jedem Tag wurden alle diese Emotionen größer und intensiver. Nach ein paar Wochen und weiteren Untersuchungen war es schon gewiss, dass Julia auf beiden Ohren bis über 100dB keine Reaktionen zeigt. Zu diesem Moment wussten wir aber schon, dass dennoch – in unseren medizinisch fortschrittlichen Zeiten – ein Hörverlust kein endgültiges und auswegloses Urteil darstellt. Die gegenwärtige Medizin bietet viele verschiedene Möglichkeiten und eine regelmäßige Therapie kann sehr zufriedenstellende Ergebnisse liefern.
Von da an haben wir uns entschieden unsere Emotionen in positive Wirkungsenergie für Julias Wohl umzustellen. Meine größte Sorge, Julias Stimme niemals hören zu können, ist heute zum Glück nicht mehr aktuell. Julia wächst zweisprachig auf, sie entwickelt sich ganz normal und es stehen ihr viele verschiedene Türen ganz weit offen.
(Dorota – Mama von Julia)
Wir schaffen das!
Eine Woche ist es nun her, dass bei Timo die BERA-Untersuchung gemacht wurde. Das Ergebnis wurde uns noch nicht mitgeteilt. Es war eine lange Woche voller Ungewissheit. Doch gleich ist es endlich soweit – wir befinden uns in der HNO-Abteilung im AKH und warten darauf, aufgerufen zu werden.
Ich sitze im Wartebereich und sehe meinen kleinen Schatz an, der in meinem Arm liegt und friedlich schläft. „Für mich bist du perfekt, egal was passiert“, denke ich.
Endlich werden wir aufgerufen. Timo schläft immer noch auf meinem Arm. Wir betreten den Raum, in welchem sich der Arzt befindet. Er bittet uns Platz zu nehmen und sieht sich die Untersuchungs-Ergebnisse an. Mein Herz klopft immer schneller und ich merke, wie aufgeregt ich bin.
Es fühlt sich wie eine Ewigkeit an, bis der Arzt endlich mit uns spricht.
„Also das Ergebnis der Knochenleitungs-BERA war gut. Es ist davon auszugehen, dass das Innenohr normal funktioniert. Allerdings ist es leider so, dass es scheinbar ein Problem mit der Luftleitung gibt. Es liegt wohl eine mittelgradige Schwerhörigkeit vor. Herr Flak wird sie über die Möglichkeiten der Hörversorgung informieren.“
S c h w e r h ö r i g k e i t. M i t t e l g r a d i g.
Ich wiederhole die Wörter immer wieder in meinem Kopf und denke nach. Es dauert einen Moment, bis ich antworten kann.
„Das bedeutet, er kann hören? Und er kann mit Hörgeräten versorgt werden?“ sage ich und sehe den Arzt an.
„Genau.“ antwortet er.
„SUPER!“ platzt es aus mir heraus. Ich bin glücklich und merke, wie erleichtert ich bin. Der Arzt sieht mich verwirrt an. „Ich bin so froh, dass er hören kann!“, sage ich.
Wir nehmen wieder im Wartebereich Platz. Ich denke nochmal darüber nach, was mir der Arzt gerade mitgeteilt hat.
S c h w e r h ö r i g k e i t. M i t t e l g r a d i g.
„Sollte ich nicht besorgter sein – immerhin hört ja trotzdem nicht ‚normal‘..“ denke ich. Aber ich war nicht besorgt. Ich war voller Hoffnung und Dankbarkeit. Dankbar, dass wir eine Diagnose und Gewissheit erhalten haben. Hoffnungsvoll, dass Timo geholfen werden kann.
Ich sehe wieder zu Timo. Meine Augen füllen sich mit Tränen und ich muss schmunzeln.
„Wir schaffen das!“ flüstere ich ihm zu.
(Marina – Mama von Timo)